Der
Immobilienexperte warnt: Der ungebremste Neubau-Boom in China scheint langsam
zu Ende zu gehen
Die Betontürme Chinas sind nicht zu übersehen: Graue,
riesige Gebäude mit 30 bis 40 Stockwerken gehören mittlerweile fest zum
Panorama des Landes. Über den Rohbauten mit den flachen Dächern sieht man
nichts als Baukräne. Dort, wo etliche Hochhäuser stehen, war vor einigen Jahren
noch gar nichts. „Die Baubranche hat diesen Boom entfacht, um die chinesische
Wirtschaft in Schwung zu bringen“, weiß Immobilienexperte Thomas Filor. „Doch
in weiten Teilen Chinas nimmt dieser Trend langsam, aber sicher, ab. Das Tempo
der Neubautätigkeiten hat sich verlangsamt, die Immobilienpreise sind im Mai
sogar erstmals seit zwei Jahren gefallen“, so Filor weiter.
Laut nationalem Statistikamt drücken zu viele unverkaufte
Wohnungen und Rabatte die Preise, Kaufinteressenten hielten sich wegen der
ungewissen Entwicklung des Immobilienmarktes zurück. Die Angst vor einem Crash
ist allgegenwärtig, sodass die Regierung mehrfach eingegriffen und in Städten
wie Peking oder Shanghai eine Obergrenze für die Zahl der erlaubten Wohnungen
pro Haushalt eingeführt hat. Zukünftig werden auch die Regulierungsbehörde und
die chinesische Bankenaufsicht die Baubranche überwachen. Hierbei sollen auch
die Finanzen von Immobilienentwicklern überprüft werden.
In 35 der insgesamt 70 untersuchten Städte sanken laut
Statistikamt die Preise, darunter auch in Zentren wie Shenzhen und Shanghai.
„Der unsichere Immobilienmarkt ist derzeit der größte Risikofaktor der
chinesischen Wirtschaft“, betont Thomas Filor. Die Immobilienwirtschaft macht
rund 15 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus, während
sogar 40 weitere Branchen von ihr beeinflusst werden. Die Bürger der
Volksrepublik zweifeln, ob die Regierung ihr Wachstumsziel von 7,5 Prozent in
diesem Jahr überhaupt erreichen wird. Weltweit spricht sich dies nur langsam
rum.
Fakt ist: Der chinesische Immobilienmarkt ist
differenzierter denn je zu betrachten: Je nach Stadt und Immobilie werden
teilweise noch immer Rekordpreise gezahlt, gleichzeitig herrscht auf vielen
Baustellen beinahe Stillstand. „Nach wie vor werden Neubauten noch immer als
Mittel zur Beschleunigung der Wirtschaft angesehen“, so der Immobilienexperte. Grundsätzlich
bestehe ein großer Bedarf an Wohnungen, da bald ein Großteil der chinesischen
Bevölkerung in Städten leben dürfte. Doch nicht alle Städte profitieren gleichermaßen
von der Urbanisierung. „Es gibt durchaus auch schon Gegenden mit
Geisterstädten“, so Thomas Filor.